Zaungast im Plänterwald. Unterwegs entlang des Spreeparks Berlins.

Zaungast im Plänterwald. Unterwegs entlang des Spreeparks Berlins.

Zaungast im Plänterwald.

Unterwegs entlang des Spreeparks Berlins.

An einem sonnigen Sonntag Nachmittag lief es mir schaurig kalt den Rücken hinunter und dennoch war ich fasziniert vom Anblick. Vor mir, hinter einem hohen Zaun, ein altes Riesenrad, dass laut knarrend und ganz langsam eine Kreisbewegung vollzog. Die darin aufgehängten gelben, roten, grünen und blauen Gondeln schaukelten langsam quietschend gen Boden. Es saß niemand darin und es war auch weit und breit auf dem Gelände kein Mensch zu sehen, der das Fahrgeschäft hätte in Gang gesetzt haben könnte. Die Blätter in den Bäumen über mir rauschten und ich starrte wie gebannt auf die roten Stahlverstrebungen des Riesenrades, dass aus einer längst vergessenen Zeit noch immer hier stand. Der Wind ließ nach und das Rad blieb stehen, die Gondeln stockten leicht schaukelnd in ihrer Abwärtsbewegung.

»Gleichmut zu bewahren auf dem Riesenrad der Meinungen schützt die Lebenskraft und den inneren Kompaß.«

[Peter Horton] [flickr_tags user_id=”10427473@N04″ tags=”spreepark5″]

 

Kurz darauf setzte der Wind erneut ein und das Riesenrad begann sich sehr langsam in die andere Richtung zu bewegen. Dazu wieder dieses Ächzen der Mechanik und mich fröstelte es, als die Brise meine Haut streifte. Ich sprang vom Baumstumpf herunter, auf dem ich bis eben gestanden hatte, um ein besseres Foto vom Bauwerk schießen zu können und schlenderte nun gemeinsam mit Torsten entlang des Zaunes. Während wir so liefen und immer wieder durch den Zaun auf das dahinter liegende Gelände spähten, kamen uns zahlreiche Sonntagsspaziergänger_innen entgegen. Manche hatten einen Hund dabei. Auch ein paar Radfahrer_innen überholten uns und drei, vier Jogger_innen. Der Boden war weich und der Wald rund um das Gelände schattig. Gelegentlich lugte die Sonne hervor.

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Schließlich gelangten wir zum Spreeufer und sahen gerade, wie Babette, Ingo und Ferkel auf der Fanny gerade von der Citymarina Berlin-Rummelsburg herüber kamen und in ihr einwöchiges Bootsabenteuer aufbrachen. Wir riefen ihre Namen und wedelten aufgeregt mit den Armen und unseren Taschentüchern, doch sie hörten uns leider nicht. Sie bogen vor der Insel der Jugend ab, fuhren die Spree hinauf und entfernten sich immer weiter von uns. Wir wünschten ihnen in Gedanken eine gute Reise, immer eine handbreit Wasser unterm Kiel und liefen zurück. Dabei freuten wir uns über ein anderes Schiff names Hort-Günter, welches am Ufer festgemacht war. Was für ein schöner Name.

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Wir erinnerten uns zurück an einen schönen Abend mit ihnen und vielen anderen in der Hafenküche. Babette hatte anlässlich ihres Geburtstages hierher eingeladen. Gemeinsam hatten wir viel gelacht, aßen gut, tranken Wein, fuhren Tretboot und quatschten bis tief in die Nacht.

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Von der Citymarina aus hatte ich bereits das Riesenrad auf der anderen Uferseite hoch über den Bäumen heraus luken sehen.
Da Torsten, wie ich, auf Lost Places steht, musste ich ihn am nächsten Tag nicht lange überreden, vor der Heimfahrt noch einen kurzen Abstecher dorthin zu unternehmen.

Die Geschichte des Spreeparks.

Der Spreepark im Norden des Plänterwaldes im Berliner Bezirk Treptow-Köpernick wurde im Jahr 1969 unter dem Namen Kulturpark Plänterwald eröffnet. Zu DDR-Zeiten zog der Park jährlich über 1,7 Millionen Besucher_innen an.
Auch ich meine mich wage an einem Besuch aus Kindheitstagen zurück erinnern zu können. Aber wer weiß, vielleicht sind es auch die romantisch-überwucherten Wege, die hinter dem Zaun zum Vorschein kamen und mir diese Erinnerung vorgaukelten. …

Nach dem Mauerfall wurde das Gelände zu einem Freizeitpark nach westlichen Vorbild umgestaltet. Knapp 10 Jahre später hatte der Park mit großen Schulden zu kämpfen. Rettungsversuche blieben erfolglos und der der Spreepark meldete 2001 Insolvenz an. Danach gab es immer wieder Versuche, den Park wieder zu beleben. Sie blieben erfolglos. Ab Anfang des Jahres 2009 bis 2014 wurden von Christopher Flade zweistündige Führungen über das verlassene Spreepark-Gelände angeboten. Im Februar 2014 erwarb das Land Berlin das Erbbaurecht am Spreepark von der insolventen Spreepark GmbH. Land und Bezirk suchten gemeinsam nach neuen Konzepten für das Gelände. Dabei wurde die Nutzung als Freizeitpark favorisiert. Im Sommer des selben Jahres kam es zu einem Großfeuer auf dem Gelände, bei der unter anderem die 1999 errichtete Kulisse Alt-England zerstört wurde. Die abgebrannten Gebäude wurden mittlerweile abgerissen und die Sicherheitsmaßnahmen erhöht. Nachdem am 01. Januar 2016 das Areal an die landeseigene Grün Berlin GmbH übergegeben wurde, ist eine mögliche (Teil-)Öffnung in naher Zukunft denkbar.
Bis dahin lohnt sich auf jeden Fall ein Blick auf die Seite Berliner-Spreepark.de, die von Christopher Flade betrieben wird. Mit sehr viel Herzblut informiert Flade hier umfassend über den Vergnügungspark. Es gibt virtuelle Führungen und Interviews. Die einzelnen Fahrgeschäfte und einstigen Attraktionen werden vorgestellt. Heute bietet er auch noch Führungen an – mittlerweile außen, entlang des Zaunes.

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Zaungäste unter sich.

Während wir also entlang des Zaunes zurück liefen, begegnete uns noch ein weiterer Zaungast. Ein Rotkehlchen blickte verschmitzt zu uns herunter, legte den Kopf schief und beäugte uns.

Wir liefen weiter und erhaschten noch den ein oder anderen Blick auf das unwirkliche, der Natur überlassene Gelände. Da war der Eingang und wir sahen die gelb-blau geringelte Kanne vom Kaffeetassel-Karussel. Und dort blitze ein Stück Zeltplane zwischen den Bäumen hervor. Alle Bauten waren umrankt vom Grün und warten wie Dornröschen auf den errettenden Kuss – auf dass das Gelände zu neuem Leben erwachen würde. Aufs Areal darf man aktuell nicht, außer wir wären das kleine Rotkehlchen, welches uns auf dem Zaun begrüßte, bevor es sich – die Flügel ausbreitend – in den Park aufmachte.

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Schließlich gelangten wir zurück an unseren Ausgangspunkt. Das Riesenrad ächzte im Wind und die Gondeln wiegten sich leicht auf ihrer Fahrt hin und her.
Wann werden wohl wieder Menschen darin sitzen und sich über das leichte Kribbeln in der Magengegend freuen bei einer Fahrt, die so ist wie das Leben selbst – mal geht es Abwärts und mal fühlt man sich den Wolken ein Stück näher?

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»So ist das Leben, wie ein Riesenrad …
Mal schaut man gelassen von oben auf alles herunter und denkt, was für eine schöne Aussicht, fühlt sich frei, der Wind weht einem um die Nase … Aber dann geht es wieder Abwärts und man schaut nach oben zu denen, die lachen und glücklich sind … Erinnere dich daran, so ist das Leben … Mal ist man ganz oben, mal ganz unten, aber in so einer Gondel hat es Platz für viele Leute – und wer fährt denn schon alleine Riesenrad … Allein ist man nie
Auch wenn es manchmal so scheint …«

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  1. Den Lost Place Plänterwald wollte ich auch schon lang mal besuchen, wenn es nicht so schwierig wäre. Dieser wurde ja sogar als Filmset in einem Actionthriller genutzt. Tolle Bilder..
    P. S. im Erzgebirge und in Sachsen sind auch tolle verlassene Orte zum Entdecken 🙂

    • Hey Chris,
      Danke für deinen Kommentar. Ja, das wir dort gelandet sind war wirklich etwas Zufall und Jep, schwierig ran zu kommen. Lost places im Erzgebirge? Spannend. Da muss ich mich mal etwas einlesen. Auf jeden Fall danke für den Tipp.
      Liebe Grüße Kirsten

  2. Oh ja, der Plänterwald! Ich war da vor drei oder vier Jahren mal drin. Das war im Rahmen einer super spannenden Führung… ich muss mich mal ransetzen und die Fotos raussuchen, ist ja eigentlich schade, dass die so auf der Platte vergammeln.

    Ich wusste gar nicht, dass man nicht mehr rein kann. Aber ich glaube, da hat mal irgendwas gebrannt, vielleicht deshalb.
    Aber der Weg am Zaun entlang und an der Spree ist ja auch super schön.

    Liebe Grüße
    Marc

    • Dank dir Marc für deinen Kommentar. Ja, im Jahr 2014 wurde das Gelände besser eingezäunt, soweit meine Informationen. Von den Führungen hab ich auch gelesen. Mal sehen, wenn es das nächste Mal nicht ganz so spontan ist, klappt vielleicht auch mit einer solchen.
      … und ja, suche mal raus. Ich bin gespannt, was du so vor die Linse bekommen hast.

      Liebe Grüße Kirsten

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